Die Namen in „Und mit mir die Sintflut“

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Die Namen in „Und mit mir die Sintflut“

Geschichten zu erfinden ist eine Sache, den Figuren in diesen Geschichten auch noch passende Namen zu geben, eine andere – die offenbar (laut eigener Aussage) für viele Autorinnen und Autoren eine Herausforderung darstellt. Ich habe mit diesem Teil des Schreibens glücklicherweise keine Probleme und habe oft „von allein“ einen Namen für eine Figur im Kopf, sobald sie Teil der Geschichte wird. Und wenn mal hakt, gibt es ja auch ein paar Methoden, die Abhilfe schaffen. Dabei gilt es zumindest in meinem Fall allerdings zu unterscheiden – die Namen der Protagonisten erfüllen bei mir nämlich mehr als nur die bloße Identifikation der Figuren. Es geht auch um die Charaktere.

Was jetzt womöglich etwas hochtrabend klingt, bedeutet im Endeffekt einfach nur, dass die Namen einen gewissen Rückschluss auf die Figur und ihr grundlegendes Wesen ermöglichen sollen. Das ist zugegeben oft etwas abstrakt und erschließt sich eher rückblickend, aber es gehört für mich dazu, um (hoffentlich) authentische Hauptfiguren auszuarbeiten.

Im Fall von „Und mit mir die Sintflut“ folgen daher die Namen des Ermittlerteams einem ganz bestimmten Thema aus der maritimen Fauna. Das ist dem alles überlagernden Sintflut-Thema geschuldet, dient aber vor allem der Betonung bestimmter Qualitäten und Charakterzüge. Zu viel möchte ich nicht verraten, aber: Fast alle Namen sind mehr oder weniger strenge Anagramme wissenschaftlicher Gattungs- oder Familiennamen.

Unterschiede zwischen Haupt- und Nebenfiguren

Bei den Nebenfiguren ist es wesentlich einfacher gehalten. Manche Kurzauftritte bleiben auch komplett anonym, andere brauchen lediglich aus praktischen Gründen einen Namen. In diesen Fällen kommt mir das eingangs erwähnte Phänomen zugute, dass ich ohne großes Zutun einen Namen im Kopf habe. Wenn mir dieser passend erscheint und gefällt, wird er übernommen und es geht weiter. Lediglich bei wichtigeren Nebenfiguren, die in einem fortwährenden Verhältnis zu den Protagonisten stehen, prüfe ich noch etwas intensiver, ob der Name wirklich und auch im Rahmen der jeweiligen Beziehung passt – allzu exotische Kombinationen benötigen meist irgendeine Form der Erklärung, damit beim Lesen keine unterbewussten Irritationen aufkommen.

Und wenn es dann an irgendeiner Stelle doch mal dazu kommt, dass die Namensfindung nicht von allein geschieht, gibt es natürlich diverse Quelle der Inspiration. Oft werden hier die Namensverzeichnisse für Babynamen genannt, was unter gewissen Umständen auch durchaus hilfreich ist – etwa, wenn das ungefähre Alter oder gar Geburtsjahr einer Figur bekannt ist. Das hilft jedoch meist nur bei Vornamen.

Nachnamen finden leicht gemacht

Für Nachnamen gibt es selbstverständlich auch Listen, etwa geordnet nach Häufigkeit in einem bestimmten Land. Das kann hilfreich sein, wenn man einen besonders „anonymen“ Namen sucht – das gesunde Mittelmaß ist aber meist die beste Option. Ich greife daher und auch aufgrund der Verortung in Spanien lieber auf andere Quellen zurück: Wikipedia liefert nämlich sehr ausführliche Übersichten über die Kader diverser (National-)Mannschaften aller möglichen Sportarten und Altersklassen. Im konkreten Fall ist das sogar besonders ergiebig, da spanische Nachnamen traditionell aus gleich zwei Familiennamen bestehen (nämlich dem jeweils ersten Nachnamen der Eltern). So ergeben sich gleich diverse Kombinationsmöglichkeiten unterschiedlichster Vor- und Nachnamen, die zwangsläufig authentisch wirken, weil es sie eben in ihren Einzelteilen auch so gibt – und wenn es doch mal etwas holprig oder zu langweilig klingt, genügt es meist, ein oder zwei Silben anzupassen.

Dabei ist allerdings zu betonen, dass man nicht einfach „schöne“ Namen unverändert übernehmen sollte. Das ist einerseits keine Herausforderung und zumindest mir fehlt dann auch eine gewisse Distanz zur Figur. Es kommt eben auf die Kombination unterschiedlicher Namensteile an, durch die etwas „Neues“ entsteht. Das hat den hilfreichen Effekt, dass die so benannten Figuren in keinster Weise mit den „Taufpaten“ verbunden sind und erst recht nicht auf ihnen basieren. Aus genau diesem Grund nutze ich auch bevorzugt Listen aus Randsportarten, in denen es abseits der Namen gar keine weiterführenden Informationen zu den Personen gibt.

Auf Umwegen ans Ziel

Ein weiterer hilfreicher Nebeneffekt: Wenn man erst mal ein paar Listen gesichtet hat, fällt schnell auf, welche Namen sich wiederholen – ein klarer Hinweis darauf, welche besonders häufig vertreten sind. Und wenn es um regionale Prägungen geht, sind die Kader der Amateur-Teams aus der entsprechenden Gegend selbstverständlich eine besonders zuverlässige Quelle. Um die Profifußballer sollte man diesbezüglich hingegen lieber einen Bogen machen – auch wenn Rasmús Barrios zumindest bei BVB-Fans sicherlich Erinnerungen auslöst. Die Wahl hängt jedoch weniger mit dem Paraguayer mit demselben Nachnamen zusammen, sondern mit der (zugegeben vergleichsweise lose verknüpften) Anagramm-Basis, die damit auch die Grundlage für die am Vornamen erkennbaren dänischen Wurzeln der Figur liefert und außerdem den ungewöhnlichen (und im Buch verschwiegenen) zusätzlichen Nachnamen „Holmes“ erfordert. Wer nun darüber rätseln möchte, welches im Wasser beheimatete Lebewesen hierfür Pate stand: dessen namensgebende Farbe steht in krassem Gegensatz zu den blonden Haaren von Barrios …