Buchempfehlung: „Frauenmord in Venberg“ von Ella Stein

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Ich gehöre zu denjenigen, die lieber schreiben als lesen. Und da es leider viel Zeit in Anspruch nimmt, bekomme ich selten mit, was andere Autor/innen veröffentlichen – vom Lesen dieser Bücher ganz zu schweigen. Für Ella Steins neuen Roman „Frauenmord in Venberg“ habe ich allerdings gern eine Ausnahme gemacht. Nicht nur, weil wir befreundet sind. Oder weil sie hervorragend schreiben kann. Oder weil sie einen ganz besonderen Blick für Menschen hat und man stets nach wenigen Worten mit ihren Charakteren mitfühlt. Oder weil es durchaus gewisse Parallelen zu „Und mit mir die Sintflut“ gibt und wir ohnehin in regelmäßigem Austausch über unsere Projekte stehen.
Vor allem, weil sich Ella mit ihrem Buch rund um einen Femizid eines Themas angenommen hat, das ein großes Problem unserer Gesellschaft darstellt. Das gilt gleichermaßen für Deutschland, Ellas Heimat Österreich und den Schauplatz von „Und mit mir die Sintflut“, Spanien.

Venberg steht deshalb als fiktiver Schauplatz stellvertretend für alle Orte dieser Welt, an denen Mädchen und Frauen Opfer von Gewalt werden. Denn davon gibt es viele, zu viele. Südafrika hat (eine der bzw.) die höchste Femizid-Rate weltweit, auch in Südamerika kämpfen diverse Länder mit diesem gesellschaftlichen Problem. Und ja, auch im vermeintlich sicheren Europa sind Femizide als trauriger Höhepunkt des noch viel umfangreicheren Problems Gewalt gegen Frauen ein erschreckendes Phänomen.

Insbesondere deshalb, weil diese konkrete Zuspitzung der Gewalt fast immer von nahestehenden Personen ausgeht – dem aktuellen oder einem Ex-Partner, von Verwandten, von Bekannten. Ein Umfeld also, das eigentlich Sicherheit geben sollte. Vor allem natürlich, wenn es sogar der Ehemann ist. Doch immer wieder ist das genaue Gegenteil der Fall und viel zu oft muss nach einem Gewaltverbrechen festgestellt werden, dass es womöglich hätte verhindert werden können.

Ein bewegender Roman, der hoffentlich etwas bewegt …

Dazu müssten die Behörden jedoch früher oder überhaupt eingreifen, es muss ein Bewusstsein für das Problem geschaffen werden, es braucht Anlaufstellen und Schutzräume sowie Hilfsangebote. Was so simpel klingt, fällt der Politik anscheinend schwer. Die in anderen Ländern erfolgten Gesetzesänderungen der letzten Zeit konzentrieren sich vor allem auf das Sexualstrafrecht und sind wie zuletzt in Spanien nicht immer durchdacht. Ein Ansatz wie der von Ella im Rahmen ihres in die Handlung eingebetteten Gedankenexperiments beschriebene Paragraf 75a ist in der Realität offenbar noch weit entfernt. Dabei geht es vor allem darum, diese besondere Form des Kapitaldelikts konsequent als solches zu benennen und die Taten nicht als „Beziehungsdrama“ oder „Familientragödie“ zu verharmlosen.

Doch wenn Vorträge, Studien oder Kundgebungen nicht reichen, um das zu ändern, und die mediale Berichterstattung sich wie so oft unmittelbar nach der ersten Aufregung neuen Themen zuwendet, gilt es, neue Wege zu gehen. Deshalb hat Ella dieses Buch geschrieben, das nicht nur den Begriff des Femizids in den Fokus stellt, sondern auch die Auswirkungen, die ein solches Verbrechen hat. Dabei ist zu betonen, dass der geschilderte Fall auf einer wahren Begebenheit basiert – es ist also umso mehr zu hoffen, dass wenigstens die im Buch aufgeworfenen Fragen fiktiver Natur bleiben und sich eine düstere Prognose Naridas’ nicht bewahrheitet.

Ich kann daher allen „Frauenmord in Venberg“ – ein Kriminalroman über die Gesellschaft, ihre Werte und Moralvorstellungen – nur ans Herz legen. Ellas Buch ist als E-Book (4,99 Euro) und Softcover (12,90 Euro) online und im Buchhandel erhältlich, alle Infos gibt es auf ella-stein.at oder venberg.at und auf Ellas Instagram-Account.